ten minutes
Stereo Full HD Video | 12 min | 2017
Das Empfinden von Zeit variiert. Sie vergeht manchmal schnell, manchmal langsam.
Eine Minuterie, eine altmodische Zeitschaltuhr direkt am Lichtschalter, gibt hier den Rhythmus vor. In zehn Schaltuhr-Minuten geht das Licht an und aus. Eine grosse Glühbirne in einem Treppenhaus steht still, dreht ihre Kreise am langen Kabel und erstarrt wieder.
Geräusche der mechanischen Minuterie, das Ticken eines Uhrwerks und ein atmosphärischer Brummton kommen in Einklang, um sich dann rhythmisch wieder zu verlieren.
Das Gefühl von Beschleunigung und Verlangsamung wird erfahrbar.
Klack! Brrzzz … zzzz … In träger Kreisbewegung schwingt eine Glühbirne an langem Kabel über dem Fliesenboden eines Treppenhauses. Außer dem Surren der Zeitschaltuhr ist nichts zu hören. Dann geht das Licht aus, der Ton verstummt und die Leere füllt sich mit einer Stille, die in den Ohren tanzt wie Staub in der Sonne. Zwölf Minuten dauert das Video, das der Basler Künstler Marcel Scheible in seiner Soloschau im Freiburger Kunsthaus L6 zeigt, und es ist kein Fehler, sich diese Zeit zu nehmen.
Tatsächlich entwickelt das wiederholte Ein und Aus des Treppenhauslichts eine atmosphärische Kraft, die Scheibles Ausstellung bis in den letzten Winkel durchdringt und dabei Räume erschließt, die sich eher als flüchtige Zustände beschreiben lassen, denn als architektonisch definierte Situationen.
(…)
aus: «Räume wie flüchtige Zustände» von Dietrich Roeschmann, erschienen auf magazin.artline.org
